Worte des anarchistischen Gefangenen Nikos Romanos zu GenossInnen, die sich in Solidarität außerhalb der Mauern des Jugendknastes in Avlona versammelt haben

Am Sonntagnachmittag, dem 17. Februar, nahmen ungefähr 70 GenossInnen an
der geplanten Solidaritäsversammlung vor dem Gefängnis von Avlona teil, wo
Nikos Romanos seit dem 11. Februar eingesperrt ist. Vier Anti-Riot
Einheiten bewachten die Gefängnistore die ganze Zeit. GenossInnen bauten
ein Soundsystem auf. Als es ihnen gelungen war, Telefonkontakt mit Nikos
zu haben, wurden seine Worte so überall laut und deutlich durch das
Mikrofon gehört. Außerdem gab es für fünf Minuten Sichtkontakt mit Nikos
und alle versammelten Leute brachen in Schreie und Rufe aus. Weiter unten
ist eine Transkription von Nikos Botschaft an die mit ihm solidarischen
Menschen.

„Es lebe die Anarchie, ihr Dreckssäcke! Solidarität mit ‚den 4 von Kozani‘!“

Lasst mich damit beginnen, ein paar Worte über meinen Fall zu sagen. Vom
ersten Moment an gab es die Bemühung, uns zu schikanieren, indem unsere
eigenen Entscheidungen verschwiegen und wir als einige ziellose
Jugendliche dargestellt wurden. Ein Versuch, der von den Arrangierten der
staatlichen Propaganda gestartet und von reformistischen Kreisen aus
Teilen der Linken, wie der sogenannten „Antiautoritären Bewegung“ (Alpha
Kappa/AK) und der „Antikapitalistischen Linken Kooperation für den
Umsturz“ (ANTARSYA), weitergeführt wurde. Also haben auf der einen Seite
alle Arten von Mainstreammedien die Strategie in Richtung der
Entpolitisierung der anarchistischen Aktion angewandt, indem sie unsere
Entscheidungen in rührselige Geschichten für Boulevardzeitungen
umwandelten, auf der anderen Seite haben die Reformisten von Alpha Kappa
und ANTARSYA, ohne auch nur ein Wort über aggressive Praktiken des Kampfes
zu sagen, ihre traurigen Märchen über uns geschluchzt und somit zu unserer
Depolitisierung beigetragen.

Für mich ist allein die Tatsache, dass vier bewaffnete Anarchisten ohne
vorhergehenden Kampf verhaftet wurden eine Niederlage, die keinen Raum für
weitere Viktimisierung lässt. Über viele Jahre gab es eine reiche
historische Erfahrung, eine Guerilla-Tradition, wo Revolutionäre bis zum
Ende kämpfen; eine Vorstellung die eine echte Wahl des Konflikts mit der
Macht fördert; eine Option, die in der Lage war wichtige historische
Vermächtnisse des revolutionären Kampfes zu gestalten. Offensichtlich
liegt die Verantwortung für diese Tatsache exklusiv bei uns, den vier
Verhafteten. Die Gründe, die uns dazu veranlassten in dieser Weise zu
handeln wurden in dem Text, den wir zu unserem Fall veröffentlicht haben,
erklärt.

Deshalb, wie für Folterungen in Gewahrsam, ist es offensichtlich wichtig,
die strategischen Absichten der Herrschaft gegen uns zu analysieren. Wie
auch immer, wenn diese Analyse dazu führt, die Entscheidungen unseres
Kampfes, der uns ins Gefängnis gebracht hat, zu überlagern, dann
reproduziert es bloß eine Terror-Wahn-Vorstellung ohne jegliche
revolutionäre Perspektive. Für mich ist eine angemessene Antwort auf
Folterungen und Morde an GenossInnen (ohne die unterschiedliche Bedeutung
der einzelnen zu entzerren) die Vergeltung gegen die Feinde der Freiheit;
Vergeltung, die gleichzeitig mit vielfältiger anarchistischer Aktion
verbunden ist, wodurch dauerhafte Widerstandsherde geschaffen werden.

Ich werde jetzt versuchen, meine gelebte Erfahrung in einer Weise zu
vermitteln, die von allen verstanden wird. Der psychische Schmerz der
Unterwerfung und unblutigen Kapitulation kann nicht mit den Schlägen von
Bullen verglichen werden. Schläge versetzen dich in Wut, während dich der
andere Schmerz quält.

Abschließend möchte ich alle GenossInnen grüßen, die uns aktiv unterstützt
haben, durch die Verteilung von Texten, die Einrichtung von Sound-Systemen
bei Versammlungen, Plakatieren von Postern, Organisation von
Demonstrationen und das Inbrandsetzen von Zielen, um unsere Herzen zu
wärmen.

Schließlich möchte ich meine uneingeschränkte Solidarität an den
Hungerstreikenden Spyros Dravilas (Gefangener im Kampf im Gefängnis von
Domokos) senden und euch wissen lassen, dass 37 Individuen vom Gefängnis
von Avlona ihre Unterstützung mit seinem Kampf für einen Atemzug von
Freiheit erklärten.

Nikos Romanos
17.2.2013