Ein kurzes Gedicht des inhaftierten Anarchokommunisten Tasos Theofilou

23.10.2012

Eines Tages wird all dies vorbei sein
Und wir werden sagen, dass wir es zumindest versucht haben.
Dass wir es im Leben nicht zu Unrecht gebracht haben.
Dass wir nicht zu Unrecht eine Last für die Erde geworden sind.
Dass wir etwas hinter uns ließen.

Und wir werden Falten ins unseren Gesichtern haben,
jede Falte wird ein tiefer Einschnitt sein
für jeden Moment des unerträglichen Leidens
für jede Ewigkeit der Einsamkeit.

Diejenigen, die Angst vor Falten haben
Angst vor ihrer Vergangenheit
ihrer bedeutungslosen Gegenwart
ihrer vorbestimmten Zukunft
hassen sich selbst. Was sie sein werden.

Die Zeit hinterlässt ihre Spur
und wir sollten sie mit Stolz tragen.

Text der vier verhafteten Anarchisten im Zusammenhang mit dem doppelten Raubüberfall in Velventos, Kozani

Unsere Tage vergehen, unsere Nächte nicht.

Wir laufen unserer Flucht entgegen, während sich um uns herum eine umfassende Menschenjagd abspielt. Hinter uns ein vorbestimmtes Leben, geschnitzt von den Händen der Herrschenden mit dem Ziel für uns Unterwerfung als objektive Bedingung zu internalisieren, Systeme von Gesetz und Regeln moralisch zu legitimieren, um das Individuum mit der statistischen Logik der Zahlen zu entzerren. Vor uns, die Welt unserer utopischen Fantasien, die allein mit Gewalt erobert wurde. Ein Leben, eine Chance und bestimmte Entscheidungen.

Schau auf die Lücke zwischen den Wolken und spring, denn der Fall war nie eine sicherere Wahl.

Am Freitag, dem 1. Februar, zusammen mit einer Gruppe von GenossInnen, führten wir einen Raubüberfall in der Agrotiki-Bank und im Postbüro in Velventos, Kozani, durch. Unserer Ansicht nach ist es von einiger Bedeutung, in einem Umfang, den operativen Teil des Überfalls zu analysieren. Dies vor allem um alle Elemente des Falls zu beleuchten, die Entscheidungen, die wir getroffen haben, die Fehler, die wir gemacht haben und die Gründe, die uns zu diesem geführt haben:

Und so, an diesem Freitagmorgen, griffen wir die beiden Ziele aufgeteilt in zwei Teams an. Unser Ziel von Beginn an war es das Geld aus beiden Tresoren zu nehmen, was wir taten. Während unserer Flucht, führten eine Reihe unglücklicher Ereignisse und falscher Umgang mit der Situation, zur Entdeckung unseres Fahrzeuges, genauso wie unsere Richtung zur Polizei.

Wegen dem Polizeikordon, suchte der Genosse der den Transporter gefahren hat, der nach außen als ein Krankenwagen getarnt war, nach Fluchtwegen für die Gruppe, die den Raubüberfall durchgeführt hatte. Bei diesem Versuch machte er den Fehler dreimal an einem Bullenauto vorbeizufahren, was zur Folge hatte, das er als ein Verdächtiger galt. Eine Autoverfolgungsjagd folgte und dann, weil sie in einer für ihn unbekannten Gegend endete, erreichte er vier Sackgassen; in der letzten in der er umstellt war, war tatsächlich jede Möglichkeit zur Flucht erloschen. So wurde er nach dem Verbrennen des Transporters verhaftet. Mit all diesen Entwicklungen und während unser Genosse, der das Fluchtfahrzeug hatte, bereits in den Händen der Bullen war, wurden unsere Fluchtmöglichkeiten drastisch eingeschränkt.

Wir entschieden deshalb, das erste entgegenkommende Fahrzeug anzuhalten, da es eine sicherere Flucht für uns und unsere Genossen garantieren würde. Die Hauptsache unter dieser Bedingung war sicherzustellen, dass das neue Fluchtfahrzeug unserer Genossen den Bullen nicht bekannt wird, so beschlossen wir den Fahrer des Wagens bei uns zu behalten, bis wir auch für uns einen Fluchtweg gefunden hatten. Es war etwa an diesem Punkt, als wir auf ein Bullenauto trafen, was allmählich zu einer wilden Autoverfolgungsjagd bis zur Stadt Veria führte, woraufhin die moisten Polizeikräfte der Umgebung hinter uns waren. Selbstverständlich haben wir nicht einmal für eine Sekunde in Erwägung gezogen unsere Geisel als menschliches Schild zu benutzen (wir hätten kein Problem damit gehabt, wenn er ein Bankmanager gewesen wäre), die Polizei wusste sowieso nicht von ihm. Schließlich wurde er ein menschlicher Schutzschild für die Bullen ohne deren Wissen, da er der Grund dafür war, dass wir unsere Waffen nicht einsetzten um uns zu befreien. Weil unser Gewissen und unsere moralischen Grundsätze uns nicht erlaubten das Leben eines Menschen zu riskieren, der bei uns gegen seinen eigenen Willen landete.

An dieser Stelle möchten wir etwas klarstellen, wir haben die Waffen nicht getragen um jemanden einzuschüchtern, sondern als Mittel für den Fall, dass wir mit den Bullen zusammenstoßen. So, der Grund warum wir nicht so gehandelt haben, wie wir gekonnt hätten, um zu entkommen, war ein Zustand in dem wir aufgrund unseres falschen Umgangs mit der Situation waren. Die einzige Möglichkeit zur Flucht war jetzt Geschwindigkeit und unser Versuch mit unserem Fahrzeug Distanz von den Bullen, die uns verfolgten, zu gewinnen.

Wie auch immer, die Stadt Veria ist nicht der beste Ort für so etwas und so blieben wir schnell in einer schmalen Straße stecken, was zu unserer Verhaftung führte. Während unserer Verhaftung war das Einzige, was wir von Anfang an angaben, dass die Person, die mit uns im Auto war nichts mit den Überfällen und mit uns zu tun hatte.

Trotzdem schlugen die Bullen ihn auch weiterhin, zumindest so lange wie wir Blickkontakt mit ihm batten. Die obige Schilderung wurde nicht als eine Art von Angeberei und Selbstdarstellung geführt, sondern um das Vermächtnis der Verhaftungen ohne einen Kampf, zu der uns die Umstände führten, umzukehren.

* * *

Die Erzählung endet im zentralen Polizeipräsidium von Veria, wo eine lange Folterung von dreien von uns durch die Schweine der Polizei folgte. Ihre Methoden sind bekannt und erwartet: Kapuze über den Kopf, Handschellen auf dem Rücken und Schläge. Wir betrachten es als offensichtlich, dass es eine Linie zwischen uns und dem System gibt, die den Krieg zwischen zwei Welten ausdrückt. Die Welt der Dominanz, Unterdrückung und Versklavung und die Welt der Freiheit die wir erschaffen und am Leben halten, durch unseren rastlosen Kampf mit der Macht.

In diesem Krieg sind die Schweine der Polizei ein dauerhaftes Ziel anarchistischer Guerillas, so wie sie die Avantgarde und der repressive Zweig der Mechanismen der Herrschaft sind. Deshalb haben wir die Haltung der Bullen gegen uns als etwas Vorbestimmtes betrachtet. Wenn der Staat uns nicht bekämpft hätte, hätten wir einen guten Grund besorgt zu sein. Folter als eine Methode, war, ist und wird immer eine Waffe im Arsenal jeder Autorität sein. Wir, natürlich, als Anarchisten, lehnen es ab solche Methoden bei unseren Feinden zu benutzen und bevorzugen die würdevolle Praxis der politischen „Exekutionen“, da wir ihre verrottende Welt nicht reproduzieren sondern vernichten wollen.

Der Standpunkt, der die Kämpfer als Opfer unter den Nägeln der repressive Mechanismen will, verinnerlicht das Empfinden von Niederlage in den subversiven Kreisen. Es ist die Akzeptanz einer Auffassung der Begrenzung des Krieges gegen die Feinde der Freiheit, im Rahmen des Akzeptierens der städtischen sozialen Ethik und Legalität. Und um nicht missverstanden zu werden, das obige Beispiel betrifft Bekanntmachungen, wie die von „ANT.AR.SY.A“ oder „Alpha Kappa/A.K.“, die eher zum Reformismus als zum Radikalismus beitragen. Es ist unnötig für uns sich auf Journalisten, „SYRIZA“ oder andere Teile des Systems zu beziehen, die uns mit “freundlichen” Aussagen ansprechen, um zu versuchen sich den bewussten Individuen zu nähern, die beginnen von der Norm abzuweichen, und tragen in dieser Weise zur Satabilisierung des Systems bei.

Nun um sich mit der Praxis der Folter zu konfrontieren, liegt für uns die Antwort in der Polymorphie.

Die Hervorhebung bestimmter Ereignisse durch Aktionen der Gegeninformation sowie Kommuniqués, Poster, Demonstrationen usw. ist definitiv notwendig, so dass mehr Menschen zu einer Schlussfolgerung kommen können. Eine Schlussfolgerung, die keine „isolierten Vorfälle“ oder „rachsüchtige Verhaltensweisen“ erlaubt, sondern zu der Erkenntnis führt, dass physische Gewalt immer eine Methode der Repression und Kontrolle der Autorität war. Es ist der Bestandteil des Krieges zwischen Dominanz und Rebellion. Je mehr sich diese Nachricht verbreitet, desto mehr muss sich das Gefühl des Terrors bei den Folterern von Natur aus, den Bullen, verbreiten. Für die Bullen dort nicht zuzuschlagen ergibt keinen Sinn in inner-systemischen Beschwerden und legislativen Verfahren, was Herabsetzung und informelle Akzeptanz der juristischen und journalistischen Autorität bedeutet. Es muss ein Widerstand vorhanden sein und Widerstand muss auch gewalttätige Formen haben. Denn ein Angriff auf Bullen (nicht nur die von Veria), mit Steinen, Molotov oder Waffen, führt sie unbestreitbar dazu ihre Entscheidungen zu überdenken, ihre Wunden zu zählen bevor sie ihre Hand wieder erheben. Denn, wie es schon zuvor korrekt gesagt wurde, unsere Feinde haben Namen und Adressen.

* * *

Wir werden uns nicht analytisch auf die Rolle der Banken beziehen, so oder so ist es in unserer Zeit allen klar. Ihre Existenz ist ein permanenter Bankraub. Für uns als Anarchisten sind sie Ziele für jede Form des Angriffs: Brandbombe, Bombardierung, Raubüberfall. Natürlich wurden viele Dinge über unseren Fall gesagt und sicherlich gibt es eine Notwendigkeit die allgemeine Meinung umzukehren. Um die konstante Operation der Fehlinterpretation unserer Entscheidungen zu zerschlagen und den verrotteten soziologischen Ansatz und das pseudo-humanitäre Podest zu Offenbahren, welches sie uns wegen unseres Alters zuschreiben wollten. „Die Kinder von nebenan und sie rauben eine Bank aus? Warum?“ Weil ein Bankraub eine bewusste politische Handlung ist. Es ist nicht die nächste Stufe einer frustrierten präpubertären Zeitspanne, Ambition persönlichen Reichtums, noch ist es ein Resultat unserer angeblichen Faulheit. Es schließt jedoch unsere Sehnsucht ein, unsere Leben nicht einer brutalen Ausbeutung der Lohnarbeit zu verpflichten. Unsere Ablehnung Zahnräder von ökonomischen Interessen zu werden. Unser Widerstand gegen ihren Ansturm des Geist- und Wertebankrotts ihrer Welt. Für uns ist es klar, dass wir die Kreativität in unseren Gemeinschaften nicht abstreiten. Außerdem, erfordert die Organisation eines Bankraubs beides, geistige und körperliche Arbeit. Wir weigern uns jedoch unsere Kreativität einer Welt von Produktion und Reproduktion der Arbeit zu übergeben.

Wie auch immer, es wäre von geringer Substanz eine Welt der Sklavenarbeit zu verweigern während man nicht daran arbeitet sie zu zerstören. Wir sind reuelose Anarchisten und wir suchen keine Sympathie, Mitgefühl oder Verständnis, weil wir „falsch“ in einer „falschen“ Welt gehandelt haben. Wir erstreben die Verbreitung unserer Werte und unserer Praktiken, und wir werden bis zu unseren letzten Worten, bis zu unserer letzten Kugel, dafür kämpfen.

* * *

Jede offensive Aktion von uns, ist auch ein Beispiel des revolutionären Krieges, der auf allen Ebenen stattfindet. Das Geld, das aus diesem Bankraub gewonnen wurde, war nicht für das künstliche konsumorientierte Paradies bestimmt.

Es ist einfach der Tribut jede Form des Kampfes voranzubringen. Vom Drucken von Kommuniqués bis zum Kaufen von Waffen und Sprengstoffen, zur Finanzierung illegaler Strukturen der Verteidigung und des Angriffs. Von der Anmietung unserer illegalen Häuser bis zu Bereitstellung von Sprengstoffen, um den sozialen Frieden in die Luft zu sprengen. Der Zweck ist das Verbreiten von direkter Aktion gegen diesen Zustand der Sklaverei in der wir leben.

Entweder Guerilla-Stil, oder umfassend und offen, was auch immer jede Person denkt das fruchtbarer und effektiver ist, jede Möglichkeit zu der ein Individuum oder ein Kollektiv bereit ist und zum Kampf beitragen möchte. Es ist immer das Ziel jeder Aktion von uns, jeder Guerilla Taktik das revolutionäre Gewissen zu verbreiten. Um uns bewusst gegen die Welt der totalitären Versklavung zu stellen, gegen einen sich standing weiterentwickelnden Feind, der alles auf seinem Weg auslöscht. Gegen diesen Zustand, den Kampf für Freiheit und unseren Versuch allen Aspekten des anarchistischen Kampfes militante Charakteristika zu geben, ist fruchtbar und notwendig.

Denn Anarchie kann niemals eine nette Idee innerhalb der totalitären Welt der Unterwerfung sein, sondern ist ein andauernder Konflikt mit ihr. Es kann weder durch harmlose und demokratisch akzeptable Events begrenzt werden, noch durch Fetischismus der Mittel, sondern bildet eine ungeteilte Gesamtheit von jeder Form des Kampfes. Jede Person oder Gruppe von Personen, abhängig von ihren Wünschen und Denkweisen, trägt in irgendeiner möglichen Weise zur Fortsetzung des Kampfes bei. Anarchie ist unsere Art der Organisierung, des Lebens und des Kämpfens. Es ist die Organisation ohne Grenzen, es ist der nie endende Kampf. Es ist die größte Freundschaft, die wir in unseren revoltierenden Gemeinschaften gegen die verrottete soziale Struktur erfahren. Anschließend möchten wir alle Genossen grüßen, die sich einsetzten. Plakatieren, Parolen rufen, Versammlungen organisieren, Texte in Solidarität schreiben (innerhalb und außerhalb des Knastes). Alle die jetzt gerade ihre Angriffe planen.

P.S.1 Wir wollen unsere Solidarität dem Hungerstreikenden Spyros Dravilas senden, der einen schmerzhaften und harten Kampf für einen Hauch von Freiheit führt. Kraft für ihn.

P.S.2 Vor einer Weile wurde der Genosse Ryo in Indonesien in einer zufälligen Auseinandersetzung getötet. Ryo war ein Anarchist, der durch seine Handlung die internationale Solidarität förderte. Nun, auch wenn er fort ist von den Kampfhandlungen, die wir gegen das Bestehende hervorrufen, sind wir sicher, dass wir immer auf denselben Stern schauen, den Stern des andauernden anarchistischen Aufstands. Ehre dem Genossen Ryo.

Die Anarchisten:

Nikos Romanos

Dimitris Politis

Andreas-Dimitris Bourzoukos

Yannis Michailidis

Worte des anarchistischen Gefangenen Nikos Romanos zu GenossInnen, die sich in Solidarität außerhalb der Mauern des Jugendknastes in Avlona versammelt haben