Ein Brief von Christoforos Kortesis

Am 10. April wurden 6 Leute verhaftet und zum Hauptquartier der Polizei (GADA) gebracht. Ich war einer von ihnen. Wir wussten nicht, warum wir eingesperrt wurden, und als wir darauf bestanden Kontakt zu Anwälten aufzunehmen, sagten uns die Bullen, dass das nicht geht, weil dies ein Fall von Adduktion sei. Nach 56 Stunden – während der uns nicht einmal erlaubt wurde miteinander in Kontakt zu kommen – wurden wir zum Gericht in der Evelpidon Straße gebracht, wo wir mit dem Vorwurf konfrontiert wurden am „Revolutionären Kampf“ teilgenommen zu haben. Der Zeitpunkt meiner Verhaftung fiel mit der Ankündigung des Premierministers (Papandreou) zusammen, dass Griechenland möglicherweise einen Kredit beim IWF aufnehmen wird. Hier bleibt kein Platz für Zufälle, genauso wenig wie unter der früheren Regierungspartei Nea Demokratia bei der polizeilichen Durchsuchung des angeblichen „Halandri safehouse“ [vermutetes Versteck & Depot] und den Verhaftungen von Genossen nur wenige Tage vor den Wahlen 2009.

Nach unserer Verhaftung waren wir nicht überrascht, als die üblichen Fernseh-Besserwisser augenblicklich die führende Rolle in der Desinformation übernahmen – neben anderem Dreck. Sie präsentierten Beweise, die nicht mal in den Akten standen und fingen an ein Puzzle zusammenzubasteln, das sehr weit reichte… bis zum Angriff auf das World Trade Center!!!

Kurz darauf wurde unsere Schuld in den Medien als erwiesen betrachtet. Sie begannen darum zu konkurrieren, wer mehr Informationen über unser persönliches Leben hat, wer als erstes Bilder der konspirativen Wohnung bringt und sagen kann, welche Motorräder wir bevorzugen, wann wir ins Bett gehen, zu welchen Zeiten und wie oft wir Liebe machen, und alle möglichen anderen Dinge: Nichts als Opfergaben auf dem Altar des Spektakels. Wie auch immer, nichts davon überrascht mich. Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Massenmedien in unserer ‘demokratischen’ Gesellschaft exakt die gleiche Rolle spielen wie das Propagandaministerium zu Zeiten des Totalitarismus.

Die Leute in Griechenland werden unvermeidbar feststellen, dass sich in ihrem alltäglichen Leben nichts geändert hat, nicht mal nachdem diese blutrünstigen Terroristen verhaftet wurden. Hatten die Kapitalisten den Leuten zuvor die Reste ihrer opulenten Buffets angeboten, so tun sie jetzt nicht mal mehr das. Aber in einer solchen Zeit akuter ökonomischer Krise und sozialer Verzweiflung tun Leute manchmal Dinge, die wir uns nicht einmal vorstellen können. Die massive Rebellion, die sich vor zwei Jahren nach dem Mord an Alexis Grigoropoulos über ganz Griechenland ausbreitete war nur ein Fingerzeig – der den einen Hoffnung bot und den anderen Verzweiflung… Die Repression wird nun schärfer sein denn je und zielt in erster Linie darauf, den radikalsten Teil der Gesellschaft zu brechen, ihren größten inneren Feind, die anarchistische anti-autoritäre Bewegung. Dies ist der Grund warum Chrisochoidis zu einer Zeit, in der die allgemeine Erwerbslosigkeit 15% überschreitet sogar plant noch weitere Leute bei den Sicherheitskräften einstellen will, um die wachsende Gefahr des Terrorismus zu ‘bekämpfen’, während das einzige Ziel ist die Verteidigungslinien des staatlichen Establishment zu verstärken.

Aber es ist genau diese Zeit der Krise, die uns einmalige Möglichkeiten beschert und verschiedene soziale Gruppen radikalisieren kann. Es ist genau diese Zeit der Krise, in der sich der Sprengstoff an den Fundamenten des kapitalistischen Establishment anhäuft, und das einzige was fehlt, Genossen, ist, Feuer an die Lunte zu legen!

Andererseits werde ich nicht über die Beschuldigungen sprechen, die gegen uns erhoben werden, denn Schuld und Unschuld werden hin und her gespielt, abhängig von, welche Seite wir im Leben gewählt haben. Wenn die Bullen, die Journalisten, die Politiker, die Banker oder die Richter jemand im Namen der bürgerlichen Demokratie für schuldig befinden, so sind sie alle schuldig im Namen der öffentlichen Gerechtigkeit.

Gleichermaßen werde ich in keiner Weise über die Haftbedingungen in diesen ersten Tagen in der GADA reden. Als Anarchist betrachte ich mich und meine Genossen als Kriegsgefangene. Dieser Krieg, den Chrisochoidis erst seit einigen Monaten erkennen kann, tobt tatsächlich seit Jahrhunderten voller Wut zwischen den Herrschern aller Art und den revoltierenden Massen.

Alle haben ihre Seite bereits gewählt, und wenn einige merken werden, dass sie auf der falschen Seite stehen, wird es zu spät sein…

Geduld und Entschlossenheit allen, die sich entschieden haben, den steinigen Weg zu beschreiten, hin zur sozialen Revolution…

Wir werden den Anarchisten Lambros Foundas auf immer ehren

Macht´s gut, Genossen

Zu den Verhaftungen in Bezug auf „Revolutionärer Kampf“

Am 10.03.10 ist der anarchistische Kämpfer Lambros Foundas, nach einem Schusswechsel mit den Bullen in Dafni (Athen), gestorben.

Nach einem Monat (am 10.04.10) wurden Costas Gournas, Nikos Maziotis, Pola Roupa, Christophoros Kortesis, Sarados Nikitopoulos, Vagelis Stathopoulos festgenommen und in U-Haft gesteckt. Sie werden der Teilnahme an der Gruppe „Revolutionärer Kampf“ beschuldigt.

Costas Gournas, Nikos Maziotis und Pola Roupa haben sich der Mitgliedschaft bekannt. Durch ihre Erklärung machten sie deutlich, dass Lambros Foundas ihr Genosse und Mitglied der Gruppe war und dass seine Aktion ein Teil der Vorbereitung einer Aktion der Gruppe war.

Christophoros Kortesis, Sarados Nikitopoulos und Vagelis Stathopoulos leugnen die Beschuldigungen und betonen, dass sich ihre Festnahme und U-Haft nicht nur aufgrund ihrer politische Identität ereignet, sondern, dass auch ihre kameradschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen unter Beschuss stehen.

Im Rahmen dieser Beziehungen sind mehrere Personen als ZeugenInnen zum Verhöhr gerufen worden. Vier von ihnen ( z.B. auch die Genossin und Mutter der Kinder von Costas Gournas ) sind beschuldigt an dieser Gruppe teilgenommen zu haben, wurden jedoch unter Auflagen wieder freigelassen.

Aktualisierung: Am Anfang Aprils 2011 wurden Christophoros Kortesis, Sarados Nikitopoulos und Vagelis Stathopoulos entlassen und warten nun auf ihren Prozess.

Aktualisierung: Fall Revolutionärer Kampf

Nach 52 Verhandlungstagen endete im Hochsicherheitsgericht von Athen das erstinstanzliche Verfahren gegen die Stadtguerillaorganisation Revolutionärer Kampf am 3 April 2013. Nikos Masiotis und Pola Roupa (sind seit Juni 2012 untergetaucht), Kostas Gournas wurden aufgrund der Bildung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, einfache Mittäterschaft an drei Mordversuchen deren sie beschuldigt wurden, und für weitere andere Taten verurteilt.

– Nikos Masiotis: 86 Jahre Gefängnisstrafe, reduziert auf 50 (maximal abzusitzen 25 Jahre).

– Pola Roupa: 87 Jahre Gefängnisstrafe, reduziert auf 50 Jahre und 6 Monate (maximal abzusitzen 25 Jahre).

– Kostas Gournas: 87 Jahre, reduziert 50 Jahre und 6 Monate (maximal abzusitzen 25 Jahre).

Christoforos Kortesis und Vangelis Stathopoulos wurden für die Mitgliedschaft für schuldig  befunden in einer Organisation und unschuldig für alle andere Taten die ihn vorgeworfen wurden.

– Christoforos Kortesis: 7 Jahre Gefängnisstrafe.

– Vangelis Stathopoulos: 7 Jahre und 6 Monat (wegen eines Vergehens).

Mari Beracha, Kostas Katsenos und Sarantos Nikitopoulos wurden aus Mangel an Beweisen  freigesprochen. Die beiden Angeklagten Nikos Masiotis und Pola Roupa lehnten Strafmildernde Gründe ab, wie ihr Verteidiger bekannt gab.

Obwohl sie nicht vorbestraft waren lehnte das Gericht die Anträge ab. Der Antrag auf Haftverschonung bis zum Berufungsprozesse für Christoforos Kortesis und Vangelis Stathopoulos wurde vom Gericht abgelehnt.

Politisches Schreiben an die Gesellschaft von: Pola Roupa, Nikos Masiotis, Costas Gournas

Ein Brief von Christoforos Kortesis

Brief von Christoforos Kortesis bezüglich der Einrichtung eines Solidaritätsfonds und finanzieller Unterstützung der politischen Gefangenen